Montag, 7. Februar 2011

Operation Spring

Ich möchte euch bitten, vor allem das Video am Ende anzusehen. Meine Worte sind so unendlich unwichtig, im Vergleich zu manch anderen Dingen, die geschehen.

Während in Österreich anscheinend schon der Frühling vor der Türe steht (17°C heute in Wien) ist über Island der Winter eingebrochen. Zwar kann man bei angenehmen -8°C Aussentemperatur immer noch ins Freibad gehen, der Geothermie sei Dank. Die Gehsteige sind jedoch zugeschneit. Kümmert aber irgendwie keinen, da jeder mit dem Auto fährt. Ausflüge sind im Moment auch ein bisschen schwierig. Die billigen Leihauots, meist irgendwelche in die Jahre gekommenen Kleinwagen, sind den Straßenbedingungen nicht mehr gewachsen. Island ist wie eine Droge. Und wenn man nicht alle zwei Wochen rauskommt aus Reykjavik so kann es schon passieren, dass man zu zittern beginnt und grundlos irgendwelche alten Omas anschreit. Also nichts wie raus!

Ach ja, da war noch was. Ich habe mir geschworen, dass der letzmalige Ausflug auf Esja, die letzten für meine zerschundenen 30€ Wanderschuhe gewesen sind. Der Parkerverschnitt mit Innenfell, erfüllt zwar alle Ansprüche in punkto Wärme, entäuscht aber durch extreme Unhandlichkeit, und gerade im hochgestylten Island fühlt man sich damit permanent undergedressed. Die gerippten Baumwollunterhosen waren mir damals beim Bundesheer schon vier Nummern zu groß, und dass man sich immer rechtfertigen muss wieso man zwei verschiedene Handschuhe trägt nervt auch mit der Zeit. Also wenn der Frühling nicht zu mir kommen will, muss ich ihn mir eben kaufen. Ob 66° North, Icewear, Zo-On ... Markenware wohin das Auge reicht. Scheiß teuer. Aber echt feine Qualität. Natürlich made in China. Was insbesondere bei 66° Noth überrascht, da die seit Jahren eine Werbekampagne auffahren wie geil sie nicht sind, und wie isländisch ihre Produkte. So wie etwa diese Werbeanzeige suggeriert.



In Djupavik. Leben nur Originale. Ja, das mag sein. Wir waren im Dezember dort. Dort leben übern Winter zwei Menschen. Ein nettes altes Ehepaar, die ganzjährig das Hotel betreiben. Wir waren die einzigen Gäste. Wieso geht die Klospülung nicht? Die Wasserleitungen sind über Nacht eingefroren. Den Mann aus der Werbung haben wir nicht getroffen. Auch das Ehepaar, das dort seit zwanzig Jahren lebt hat ihn noch nie gesehen. Dies hat uns zu einem kleinem Ad-busting veranlasst. Mit freundlicher Unterstützung von spanischem Exhibitionismus. 


 Ach ja. Der rote Faden. Operation Winter ist heute angelaufen. In einer ersten Großoffensive besuchte ich sämtliche Outdoorläden Reykjaviks um mich nach einigen Scharmützeln in der Umkleidekabine, mich zwecks finanzieller Strategieplanung in den sicheren Schützengraben zurück zu ziehen. Doch die Taktik steht. Das best mögliche Equipment zum best möglichen Preis. Es ist nur eine Frage der Zeit bis ich den Gegner zermürbe und eiskalt mit meiner Brieftasche zuschlage. Widerstand ist zwecklos!


 Operation Spring war übrigens einer der größten Justizskandale der zweiten Republik. 1999 wurde ein vermeintlicher Drogenring ausgehoben. 127 Schwarafrikaner festgenommen, Verdächtige abgeschoben oder zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Ziel war wohl viel mehr die Lähmung der afrikanischen Community, die unter anderem nach der Ermordung Marcus Omofumas, zunehmend politisch aktiv wurde. Zu trauriger Berühmtheit schaffte es die Urteilsbekundung bei manchen Angeklagten, denen der […] Verkauf einer nicht mehr feststellbaren, jedenfalls aber großen Menge Heroin und Kokain, an unbekannt gebliebenen Endabnehmer […] “. vorgeworfen wurde.

Über zehn Jahre später hat sich die Situation keineswegs gebessert. Während in einem Monsterprozess vorm Landesgericht Wr. Neustadt die Existenz von 13 teilweise willkürlich ausgwählten TierschützerInnen ruiniert wird, werden objektive, rechtskundige Kritikerinnen dieses Prozesses mit Klagen eingedeckt. Die Unfassbarkeit dieses Skandals lässt sich in diesen Zeilen nicht ausdrücken. Sechs der Angeklagten wird keine konkrete Straftat vorgeworfen. Dennoch sollen sie schuldig sein Teil einer "kriminellen Organisation" zu sein. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Im Anhang eine ARD-Reportage, der diesen Wahnsinn gut zusammenfasst. Weiters ein Interview mit dem dreifachen Familienvater, und "gefährlichstem Mafiosi" Österreichs, der seit Prozessbeginn auf Spenden angewiesen ist.



Angesichts dieser menschlichen Kälte, gegen die leider auch die warmen Socken, die ich mir heute gekauft habe, nicht helfen, kann ich nur mit Worten Max Liebermanns abschließen: „Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte."








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